Mechanical Bride

Halb gare Folklore aus dem digitalen Zeitalter.

einfach alles kleinschreiben

es ist samstagabend und ich bin in ein rabbit hole getappt. es geht um die kleinschreibung, die konsequente kleinschreibung. mein gehirn weigert sich diesen text nur in kleinen buchstaben zu tippen. meine rechtschreibprüfung denkt, ich bin besoffen. aber es ist ein interessantes thema.

die meisten sprachen verzichten auf die großschreibung von substantiven. am weitesten verbreitet ist die gemäßigte klein- (oder groß-)schreibung. wie zum beispiel im englischen. dabei wird am satzanfang und bei eigennamen großgeschrieben. die konsequente kleinschreibung (wie ich es hier gerade mache), wirft alle großbuchstaben aus dem alphabet. oder anders gesagt – nutzt eben nur ein alphabet und nicht zwei.

als deutscher muttersprachler nimmt man unsere schreibweise als selbstverständlich wahr. aber der nutzen wurde und wird immer wieder diskutiert. das bauhaus führte in den 20er-Jahren die kleinschreibung ein. herbert bayer, typograf am bauhaus, sagte dazu lapidar: 

„wir schreiben alles klein, denn wir sparen damit zeit. außerdem: warum 2 alfabete, wenn eins dasselbe erreicht? warum großschreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?“

den nazis war das übrigens ein so großes dorn im auge, dass sie alle behörden anordneten, keine briefe des bauhauses mehr zu öffnen. 

der briefbogen vom bauhaus. gestaltet von herbert bayer. natürlich kleingeschrieben.

aber auch in jüngerer vergangenheit wurde die großschreibung in frage gestellt. zuletzt hat die kommission der deutschen rechtsschreibereform 1996 sich für eine gemäßigte kleinschreibung eingesetzt. der versuch war allerdings zum scheitern verurteilt, da die politik, die die studie bei der kommission in auftrag gab, bereits bei der beauftragung ein rütteln an der großschreibung ausgeschlossen hatten.

dabei gibt es gute argumente für beide seiten:

pro kleinschreibung:

  • es ist einfacher zu lernen und weniger fehleranfällig
  • es hilft, sich weniger gedanken um das tippen an sich zu machen und man kann gedanken besser fließen lassen
  • mehr einheitlichkeit, denn die meisten sprachen auf der welt verzichten auf das deutsche modell

contra kleinschreibung:

  • eventuell ist es schwieriger/langsamer zu lesen. die großbuchstaben bieten orientierung für das auge. die studienlage ist hier allerdings konfus. mittlerweile geht man davon aus, dass die lesbarkeit leidet, allerdings nur geringfügig (und eher gewohnheitsbedingt)

wenn ich mir das so anschaue, spricht mehr für die kleinschreibung. vielen mir die ersten sätze dieses textes noch schwer, finde ich jetzt den verzicht auf die shift-taste recht angenehm. meine rechtschreibkorrektur zeigt mir über 50 fehler in dem text an. ich ignoriere sie einfach (und damit nicht nur die fehler wegen kleinschreibung), was irgendwie auch befreiend ist.

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