Mechanical Bride

Halb gare Folklore aus dem digitalen Zeitalter.

Mein Eskapismus: Klassiker der Literatur

Ich muss keine Erläuterung abgeben, warum der Blick auf die Nachrichten im Moment schwierig ist, oder? Und es ist nicht nur die reine Nachrichtenlage, sondern die ganzen Stimmen und Reaktionen, die sich darum versammeln. Es gibt im Zauberberg eine Stelle, in der die Bewohner der Heilanstalt tierisch gereizt und krawallig werden. Sie warten nur auf die Möglichkeit, sich zu ereifern und ihre Wut wohltuend herauszuschreien. Thomas Mann schildert damit die Anbahnung des 1. Weltkrieges. So weit würde ich in der aktuellen Situation nicht gehen. Aber der Ton auf Social Media, die Negativität ist ermüdend.

Wahrscheinlich (hoffentlich!) findet jeder für sich einen Ausgleich. Vielleicht Sport, vielleicht Trash-TV oder meinetwegen auch leichte Drogen. Bei mir ist es seit einiger Zeit die Literatur. Allerdings keine zeitgenössischen Bücher, sondern Klassiker. Den Zauberberg habe ich erwähnt, kürzlich habe ich die Schachnovelle von Stefan Zweig und Bartleby der Schreiber gelesen. Die Schachnovelle ist großartig geschrieben. Recht einfach geschrieben, aber inhaltlich auf vielen Ebenen interessant. Eine deutungsstarke Geschichte. Bartleby hingegen ist ein bisschen schräg. Sie erinnert mich an die Verwandlung von Kafka. Die Figuren sind überzeichnet und es hat etwas Gespenstisches.

Zurück zum eigentlichen Thema. Woher kommt meine Lust auf diese alten Schinken? Ich glaube, es ist eine Flucht in eine Mischung aus Träumen und Denken. Träumen, weil dort Szenerien abgebildet werden, die uns heute fremd sind. Die weit weg wirken. Denken, weil es alles Bücher sind, die das Zeug zum Darüber-Nachdenken mitbringen. Wenn ich das Buch zuklappe, google ich mich durch Analysen und Bewertungen. Lieber grübele ich über Herr und Knecht von Tolstoi als mir zu überlegen, was zur Hölle Musk gerade antreibt und wieso rechtes Gedankengut sich in Deutschland (der Welt!) immer normaler anfühlt.

Gönnt euch einen Eskapismus. Für kleine Momente der Glückseligkeit. Und geht danach gestärkt an die Arbeit, um dieser Welt wieder mehr Vernunft einzuhauchen.

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